
Plenarrückblick Juni 2021: Gesunde Menschen statt Gewinnmaximierung


Landtagsabgeordnete für Castrop-Rauxel, Waltrop und Datteln



Der Weltbund der Krankenschwestern und Krankenpfleger hat den diesjährigen Internationalen Tag der Pflege am 12. Mai unter das Motto „Krankenschwestern und Krankenpfleger: „Eine Stimme, die führt – Eine Vision für die Zukunft der Pflege“ gestellt. Hierzu erklären Lisa-Kristin Kapteinat, stellvertretende Vorsitzende, und Josef Neumann, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW:
Lisa-Kristin Kapteinat:
„Während die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Krankenhäusern seit rund 14 Monaten der ganzen Gesellschaft den Rücken freihalten, verkündet der Sana-Konzern rund um den Tag der Pflege etwa 200 Kündigungen seiner Beschäftigten aus dem Service-Bereich in NRW. Das ist der absolute Tiefpunkt bei der Debatte um Respekt und Wertschätzung in der Pflege. Der Applaus aus dem vergangenen Jahr wird damit zur Makulatur erklärt. Pflege findet ganzheitlich statt. Auch die Zuarbeit der Servicekräfte ist existenziell.
Fakt ist: Wir brauchen dringend mehr Personal zur Entlastung des Pflegepersonals und keinesfalls weniger. Die Arbeiten, die bislang von den nun gekündigten Service-Kräften verrichtet wurden, verteilen sich jetzt zusätzlich auf das Pflegefachpersonal. Damit werden wertvolle Arbeitsressourcen des Pflegefachpersonals gebunden. In der Pandemie wurden die Krankenhäuser von der Bundesregierung mit Milliarden unterstützt. Wo bleibt nun das Verantwortungsgefühl des Sana-Konzerns seinen Beschäftigten gegenüber? Die Beschäftigten in den Krankenhäusern und in der Pflege werden zum Opfer von knallharten Kapitalinteressen.“
Josef Neumann:
„Gute Pflege verdient guten Lohn und gute Arbeitsbedingungen. Deswegen brauchen wir einen Pflegetarifvertrag, der sich mindestens an den bereits vorhandenen Flächentarifverträgen des öffentlichen Dienstes und der Wohlfahrtspflege orientieren. Keinesfalls zur Grundlage für einen Pflegetarifvertrag dürfen Haustarife gemacht werden, wie es Bundesgesundheitsminister Spahn vorsieht. Bisher ist die vollmundig angekündigte Pflegereform von Spahn eine Luftnummer.
Landesgesundheitsminister Laumann muss hier mehr Druck machen. Alle Beschäftigten in der stationären und häuslichen Pflege sowie pflegende Angehörige müssen entlastet und unterstützt werden. Dazu gehört die Finanzierung von Fortbildung und Qualifizierung. Auch die Digitalisierung muss für die Beschäftigten in der Pflege flächendeckend in NRW genutzt werden. Durch die Digitalisierung werden neue Möglichkeiten zur Verfügung gestellt, die den Arbeitsalltag erleichtern.
Bei allen Diskussionen muss im Bewusstsein bleiben: Die für die Pflegetätigkeit erforderliche menschliche Wärme kann nur der Mensch ermöglichen. Dieses komplexe Aufgabenfeld einer Pflegekraft muss endlich gesehen und entsprechend gewürdigt werden. Es ist mehr als peinlich, dass nach über einem Jahr Pandemie immer noch keine strukturellen Verbesserungen in der Pflege erreicht wurden. Der einmalige Pflegebonus aus dem letzten Jahr reicht nicht aus. Wir brauchen ein echtes Dankeschön an die Pflege, keine Hinhalte-Manöver.“
 Zu dem Vorstoß von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, in den Arztpraxen das Impfintervall des AstraZeneca-Impfstoffs zu verkürzen, um dadurch mit Blick auf mögliche Urlaubspläne entsprechende Anreize zu schaffen, und den damit einhergehenden Planungen durch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erklärt Lisa-Kristin Kapteinat, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag NRW:
Zu dem Vorstoß von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, in den Arztpraxen das Impfintervall des AstraZeneca-Impfstoffs zu verkürzen, um dadurch mit Blick auf mögliche Urlaubspläne entsprechende Anreize zu schaffen, und den damit einhergehenden Planungen durch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erklärt Lisa-Kristin Kapteinat, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag NRW:
„Dieser Vorstoß birgt unnötige Risiken. Bisherigen Erkenntnissen zufolge sollte der Abstand zwischen Erst- und Zweitimpfung bei AstraZeneca möglichst bei zwölf Wochen liegen, um bestmöglichen Impfschutz zu erzielen. Bei zwölf Wochen Abstand steige die Wirksamkeit laut dem Fachmagazin ‚The Lancet’ auf 81 Prozent, während sie bei weniger als sechs Wochen nur bei etwa 55 Prozent liege.
Dass die beiden Gesundheitsminister mit ihren Initiativen für eine Verkürzung des Impfintervalls jetzt also eine potenzielle Wirksamkeitsminderung des Impfstoffes in Kauf nehmen, zeugt nicht von hohem Verantwortungsbewusstsein.
Darüber hinaus ist ihre Initiative ein Schlag ins Gesicht für all jene, die bisher noch nicht einmal über einen Erstschutz verfügen. Mit der Aufhebung der Priorisierung bei AstraZeneca steht dieser Impfstoff nun einer größeren Gruppe von Menschen für eine Erstimpfung zur Verfügung. Das muss gegenüber einer Zweitimpfung zu Gunsten möglicher Urlaubspläne absoluten Vorrang haben. Ich bin davon überzeugt, dass bei den unter 60-Jährigen insgesamt eine große Bereitschaft besteht, sich mit AstraZeneca impfen zu lassen. Es stehen noch viele jüngere Generationen für eine Erstimpfung in der Warteschlange. Sie für die Urlaubsplanungen anderer weiter warten zu lassen, halte ich für moralisch nicht vertretbar.“



Im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landtags NRW hat heute Frau Prof. Christiane Woopen als Mitglied im Corona-Expertenrat der NRW-Landesregierung darüber berichtet, dass sie der Landesregierung bereits im April 2020 eine umfassende Teststrategie angeraten hat. Passiert sei in dieser Hinsicht jedoch nichts. Sie halte zudem nur einen Test pro Woche für deutlich zu wenig. Hierzu erklären Lisa-Kristin Kapteinat, stellvertretende Vorsitzende, und Josef Neumann, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW:
„Dieser Bericht heute war für die Landesregierung die reinste Blamage. Seit bald einem Jahr dringt der Corona-Expertenrat auf die Umsetzung einer umfassenden und flächendeckenden Teststrategie. Aber die Empfehlungen wurden ganz offensichtlich seitdem immer wieder konsequent ignoriert. Warum hat Armin Laschet überhaupt einen Expertenrat, wenn er doch nicht auf ihn hört? Auch Gesundheitsminister Laumann konnte dafür keine plausible Erklärung liefern. Das ist vor allem dann richtig bitter, wenn man dabei bedenkt, wie weit wir jetzt in der Bekämpfung der Pandemie sein könnten. Diesen Vorwurf muss sich die Landesregierung gefallen lassen. Und dieser Vorwurf wiegt schwer. Denn die Tatsache, dass es bis heute keine funktionierende Test-Infrastruktur gibt, ist auch der Grund für das heilloses Chaos, das die Landesregierung an den Schulen angerichtet hat. Aber kein Wunder, wenn sie die benötigten Finanzmittel für die Anschaffung der Tests erst in der vergangenen Woche beantragt hat. So lange also hat die Regierung Laschet geschlafen. In Sachen Tests ist das Regierungshandeln ein einziges Versagen.“
Vor der nächsten Konferenz der Ministerpräsident*innen mit der Bundeskanzlerin haben wir als SPD-Fraktion in einem Eilantrag nochmal klar gemacht, welche Punkte aus unserer Sicht bei einer sicheren und gerechten Öffnungsstrategie berücksichtigt werden müssen. Dazu gehören u.a.: – ein stabiles System für Impfungen und Tests: die entsprechende Infrastruktur, klare Strukturen und Verfahren – eine angemessene Berücksichtigung bzw. Verknüpfung der Maßnahmen mit den Empfehlungen des RKI-Stufenplans – eine ausreichende Verpflichtung der Arbeitgeber für den Schutz ihrer Beschäftigten Eine gewisse Planbarkeit wird zu Recht von vielen gefordert und ist essentiell für die Akzeptanz der getroffenen Maßnahmen. Eine Öffnungsstrategie ist notwendig, aber sie muss flankiert werden von anderen Sicherheitsmaßnahmen wie dem Impf- und Testangebot.