Lisa Kapteinat: „Systematische Fehler beim NRW-Fluchtmanagement – Ministerin Paul hat offenbar kein Interesse an ihrem eigenen Verantwortungsbereich“
In der gestrigen Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses V („Terroranschlag vom 23.08.2024“) berichtete ein Mitarbeiter der Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) Bielefeld von systematischen Mängeln im NRW-Fluchtmanagement. Zudem versucht das Fluchtministerium in der aktuellen Ausgabe des Landtagsblogs abermals zu erklären, aus welchen Gründen Ministerin Paul am Anschlagswochenende nicht erreichbar gewesen sein soll. Zuvor hatte der Kölner Stadt-Anzeiger aufgedeckt, dass die Ministerin mehrfach Zeit gehabt hätte, auf den Kontaktversuch von Innenminister Reul zu reagieren. Hierzu erklärt Lisa Kapteinat, Obfrau der SPD-Fraktion im Landtag NRW:
„In der gestrigen PUA-Sitzung wurde Eines nochmal sehr deutlich: Fluchtministerin Paul hat sich offenbar viel zu lange nicht für ihren eigenen Verantwortungsbereich interessiert. Anders lassen sich die gravierenden Mängel, welche der Mitarbeiter der ZAB dargelegt hat, nicht erklären. So berichtete der Mitarbeiter unter anderem, dass das An- und Abwesenheitssystem in den Flüchtlingsunterkünften NRWs alles andere als verlässlich ist. Zur Erinnerung: Der mutmaßliche Attentäter des Anschlags vom 23.08.2024 wurde am Tag seiner geplanten Rücküberstellung nicht angetroffen, obwohl dieser noch am Vorabend laut System anwesend gewesen sein soll. Auch im Verlaufe des Tages der geplanten Rücküberstellung soll der Tatverdächtige wieder in seiner Unterkunft gewesen sein. Der Mitarbeiter der ZAB Bielefeld – welche im Verantwortungsbereich von Fluchtministerin Paul liegt – führte weiter aus, dass man bei geplanten Abschiebungen grundsätzlich die Betroffenen häufiger nicht antreffen würde, als das man sie antreffen würde.
Diese Zustandsbeschreibung ist ein Armutszeugnis der schwarz-grünen Landesregierung. Fluchtministerin Paul sprach kurz nach dem Anschlag immer wieder von systematischen Fehlern – zeigte mit dem Finger aber immer nur in die Richtung von Anderen. Nun wird immer offensichtlicher, dass vor allem in ihrem eigenen Verantwortungsbereich jahrelang Stillstand herrschte. Beispiel An- und Abwesenheitssystem in den Unterkünften: Mittlerweile musste die Fluchtministerin einräumen, dass alle ZABen in NRW viele Monate, teils über ein Jahr vor dem Anschlag, einen Zugriff auf dieses System vom Ministerium erhalten wollten – doch passiert ist nichts. Warum wurde dieses System nicht umgehend auf Wunsch der eigenen Experten angepasst? Die Ministerin schweigt dazu und bleibt dem Untersuchungsausschuss lieber fern.
Stattdessen fällt Ministerin Paul in letzter Zeit vor allem mit knappen, teils ausweichenden Pressestatements auf, welche ihr Abtauchen am Anschlagswochenende erklären sollen. Die jüngste Einlassung: Der Start des Programms am Sonntag sei spontan am Vorabend vorverlegt worden. Mit dieser Ausflucht der Ministerin stellen sich erneut viele Fragen: Wie kann es sein, dass die Ministerin morgens vom Innenminister kontaktiert wird und trotz angeblich vorverlegter Veranstaltung erst am Nachmittag wieder erreichbar ist? Und unabhängig von der SMS des Innenministers am Sonntagmorgen wussten ihr Ministerium und die Hausspitze doch alle Details über den Tatverdächtigen bereits am Vortag: Warum telefonierte die Ministerin nicht einmal vor der Veranstaltung, um sich zu informieren? Warum hat sie sich nicht verantwortlich gefühlt? Das sind alles Fragen, die die Ministerin nur selbst beantworten kann – doch in den Untersuchungsausschuss will sie immer noch nicht kommen.“