Lisa Kapteinat: „Neue Akten entlarven: Ministerin Paul wusste viel früher Bescheid – Vertrauen in ihre Amtsführung ist massiv beschädigt“
Im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss „Terroranschlag vom 23.08.2024“ (PUA V) wurden heute erneut Zeugen vernommen. Dabei handelte es sich u.a. um die Pressesprecherin von Ministerin Josefine Paul sowie zur Stunde um eine weitere Mitarbeiterin des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration. In dieser Vernehmung kamen erneut Akten ans Tageslicht, die erst vor wenigen Tagen dem PUA zur Verfügung gestellt worden waren. Auch mehr als ein Jahr nach Einsetzung des Untersuchungsausschusses erhält das Parlament also weiterhin verspätete und unvollständige Akten aus dem Verantwortungsbereich von Ministerin Paul – zuletzt über 3.000 Dateien innerhalb weniger Tage, darunter auch Mails aus ihrem eigenen Leitungsbereich.
Darin zeigt sich: Das Ministerium wusste bereits am Samstagabend nach dem Anschlag detailliert über den Täter und seine Vorgeschichte Bescheid. Eine bereits öffentlich bekannte Mail eines Gruppenleiters aus dem Ministerium von Frau Paul, in der dieser den Sachverhalt bereits so detailliert darstellte, wie er sich später bestätigte, wurde noch am selben Abend sowohl an die Ministerin als auch an ihren Staatssekretär weitergeleitet.
Entgegen der Darstellung Pauls, sie habe erst am Sonntag „gesicherte“ Informationen erhalten, war sie also bereits weit im Voraus über ihre Zuständigkeit und Verantwortung informiert. Wie erst jetzt bekannt wurde, antwortete sie sogar am frühen Sonntagmorgen auf die an sie weitergeleitete Mail. In ihrer Antwort fragte sie jedoch nicht nach möglichen Fehlern in ihrem Verantwortungsbereich oder bat um weitere Sachverhaltsaufklärung, sondern suchte schon damals nur nach Schuldigen im System. Danach blieb sie stundenlang trotz ihrer Zuständigkeit nicht erreichbar und unternahm keinerlei Schritte zur Aufklärung im eigenen Verantwortungsbereich. Wie der PUA erst am Dienstag in einer vorherigen Vernehmung erfahren hat, hatte die Ministerin nicht einmal Berichte bei der zuständigen Bezirksregierung angefordert. Stattdessen ist die Bezirksregierung selbst proaktiv tätig geworden.
Hierzu erklärt Lisa Kapteinat, Obfrau der SPD-Fraktion im PUA V:
„Nach über einem Jahr seit Einsetzen des Untersuchungssausschusses erhalten wir immer noch Akten, die uns längst hätten vorgelegt werden müssen. Wie kann es sein, dass uns Mails aus dem Leitungsbereich sowie von der Ministerin selbst erst so spät erreichen? Warum hat man ein Jahr lang versucht, sie vor uns zu verheimlichen?
Angesichts der maximalen Transparenz, die uns Ministerpräsident Wüst versprochen hat, ist für mich unverständlich, wie man eine solche Verzögerung auch nur annähernd vor sich selbst und der Öffentlichkeit rechtfertigen kann.
Die jetzt öffentlich gewordenen Unterlagen haben jedenfalls eine besondere Brisanz. Sie zeigen eindeutig, dass Ministerin Paul offenbar viel früher von ihrer Verantwortung gewusst haben muss, als sie Parlament und Öffentlichkeit bisher glauben machen wollte. Vor diesem Hintergrund kann ich ihre bisherige Kommunikation nur als Versuch der bewussten Irreführung interpretieren. Die Ministerin beruft sich bisher öffentlich auf die fehlende formelle Sicherung der Informationen, arbeitete aber intern genau auf dieser Grundlage an der Suche nach anderen Schuldigen.
Hinzu kommt: Anstatt sich um die Aufklärung des Sachverhalts zu kümmern, anstatt der Frage nachzugehen, was in ihrem Zuständigkeitsbereich schief gegangen sein könnte, hat sie von Anfang an versucht, nur Fehler bei anderen und im System zu suchen. Ihre eigene Verteidigung war ihr scheinbar wichtiger als Transparenz.
Sie hat – wie wir erst jetzt am Dienstag erfahren haben – nicht einmal Berichte bei der zuständigen Bezirksregierung angefordert. Die Bezirksregierung selbst ist tätig geworden, während die Ministerin sich um ihr persönliches politisches Schicksal gekümmert hat.
Mein Vertrauen in die Amtsführung und Integrität der Ministerin habe ich vollständig verloren. Mona Neubaur und Hendrik Wüst müssen sich fragen, ob sie selbst noch volles Vertrauen in sie haben. Wenn sie die Frage auch mit Nein beantworten, müssten sie sie entlassen. Denn das Transparenzversprechen des Ministerpräsidenten ist spätestens mit diesen neuen Informationen nichts mehr wert.“
